Meine Barbecue-Mission

Liebe Grillfreunde, es wird Zeit für meinen jährlichen Abstecher an den Rost. In den vergangenen Jahren waren Gemüse auf dem Grill und Spieße meine Themen. Ich könnte heute über das Wesen der Bratwurst sinnieren, ein großes Kulturgut der deutschen Küche. Aber wenn es ums Grillen geht, denke ich immer zuletzt an Fleisch.

Warum? Ums Fleisch dreht sich die Angelegenheit ohnehin schon zur Gänze. Doch außer wenn es darum geht, ein über Wochen trocken gereiftes T-Bone-Steak vom Wagyu-Rind auf einem Zehn-Euro-Grill von der Tankstelle „medium rare“ zu braten, ist die Fleischzubereitung über offenem Feuer nicht der Rede wert. Es gibt sogar schon kleine Helferlein für Smartphones, die piepsen, wenn das Steak gewendet werden muss, und laut Alarm schlagen, wenn der Garpunkt erreicht ist. Ich frage: Finde nur ich es obszön, wenn Menschen sich im Garten eine atavistische Feuerstelle aufbauen, um sich das Essen wieder so „authentisch“ zuzubereiten wie die Vorväter, dann aber auf die App-Taste drücken, um auf die Millisekunde genau die Bratzeit berechnen zu lassen?

Tatsächlich sorge ich mich, wenn ich zum Grillen eingeladen bin, am wenigsten ums Fleisch. Meiner Erfahrung nach gibt es davon immer genug, meist zu viel. Wer anständig einheizt, ist auch darauf bedacht, dass die Glut nicht sinnlos in den Himmel steigt. Mir geht das übrigens auch so. Wer will sich schon für ein paar Würstel die Hände schmutzig machen, ins Schwitzen geraten, wenn die Kohle angefacht werden muss, oder sogar am Ende tränende Augen und Brandblasen riskieren. Ein paar Pfund Fleisch müssen also schon vorrätig sein, damit sich der Aufwand lohnt.

Nein, es sind die Salate, auf denen mein Augenmerk liegt. Jeder hat da schon sein blaues Wunder erlebt. Das Trauma ist so kollektiv, dass zwei Wörter reichen, um das Grauen zu beschreiben. Sie lauten „matschiger Nudelsalat“. Und ich denke dabei auch an Fertig­mischungen aus dem Supermarktregal, die immer mehr nach Süßstoff schmecken.

Bin ich zum Grillen eingeladen, bringe ich Salat mit. Darauf können Sie wetten. Ich habe nämlich kein Interesse an einem weiteren Trauma. Und mich reizt, die übermäßige Fleischeslaune bei solchen Anlässen ein bisschen zu stören. Wenn am Ende noch einige Schweinenackensteaks am Rande des Grills vor sich hinschrumpfen, jemand aber noch mit dem Finger das Dressing aus der Salatschüssel wischt, dann ist die Mission erfüllt. Und dafür gibt es ein paar Tricks und Kniffe, für die man nur ein paar Zeilen braucht und keine App.

Der König des Grillbüfetts ist natürlich der Kartoffelsalat. Hier lautet die Gelingregel: Salz. Es ist fast unmöglich, Kartoffelsalat zu versalzen. Um richtig Geschmack in die Schüssel zu bekommen, nehme ich frisch gekochte, noch heiße Kartoffeln, schneide sie und bade sie zehn Minuten in konzentrierter Brühe. Sie saugen sich in der Zeit mit Aroma voll. Überschüssige Flüssigkeit gieße ich weg. Dann kommt noch fein geriebene Zwiebel dazu. Sie verleiht dem Salat eine ganz eigene Süße. Mit dieser Grundlage kann man großartig spielen. Wer auf Nummer sicher gehen will, mischt noch Geschmacksbomben wie Kapern, gewürfelte Gewürzgurken oder getrocknete Tomaten unter.

Wenn Sie zeigen wollen, dass Sie was von US-Barbecue-Kultur ver­stehen, bringen Sie Coleslaw mit. Das ist eigentlich ein ziemlich mächtiger Salat aus Kohl und Möhrenstreifen, mit Mayonnaise angemacht. Das Gute dabei: Er darf ein bisschen matschig sein. Nehmen Sie sich irgendein Rezept und ersetzen Sie die Mayonnaise durch griechischen Joghurt und geben Sie abgeriebene Zitronenschale dazu. Das verleiht der Sache Eleganz.

Ahs und Ohs ernte ich regelmäßig mit Tabouleh, dem Couscous-Salat aus der arabischen Küche. Petersilie, etwas mehr Minze und getrocknete Aprikosen sind die Bestandteile in meiner Variante: Sie ist einfacher herzustellen, als man denkt. Ich halte mich nämlich nicht an die Kochanleitung auf der Packung und mische einen Becher Couscous mit derselben Menge an heißem Wasser aus dem Hahn. Nach zehn Minuten sind die Körner aufgegangen.

Alle diese Salate dürfen ziehen. Ich mache sie lieber zu trocken an und halte ein bisschen Dressing in Reserve. Das ist die entscheidende Regel. Dann wird nichts matschig.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.