Die Quiche hat in der Männerwelt keinen guten Ruf! Es hängt ihr immer noch nach, dass ihr vor bald 30 Jahren ein Weicheier-Image verpasst wurde. Das kulminierte in dem Buchtitel „Real men don’t eat quiche“, der sich Anfang der 80er-Jahre so gut verkaufte, dass er ein paar Monate in die US-Bestsellerlisten einstieg. Der Autor Bruce Feirstein nahm darin satirisch Männer aufs Korn, die ihr Hamburger-und-Bier-Habitat angegriffen sahen und sich lautstark von den verweiblichten Geschlechts-Kollegen namens „Quiche-Esser“ abgrenzten. Quiche-Esser, das war offenbar damals in der englischsprachigen Welt ein Ausdruck wie bei uns heute „Frauenversteher“.

Feirstein sorgte zwar zehn Jahre später in seinen Drehbüchern für die James-Bond-Verfilmungen mit Pierce Brosnan dafür, dass 007 endlich gestandene Mit- und Gegenspielerinnen zur Seite bekam, darunter vor allem Judi Dench, die 1995 in „Golden Eye“ ihren ersten Einsatz als „M“ hatte. Doch um die Quiche, diese aparte Kombination aus Mürbeteig und cremig gestockter Ei-Sahne-Mischung, ist es bis heute geschehen. Das glauben Sie nicht? Dann besuchen Sie einmal ein Mittagslokal, die diese Gemüsekuchen im Angebot hat. Gibt es dort auch belegte Brötchen, werden Männer in der Regel zu dick mit Aufschnitt gefüllten Sandwiches greifen, die Frauen aber mehrheitlich Quiche mit Salat wählen. Eine französische Vorspeise, und dazu noch sehr vegetarisch: Die meisten Männer würden das nie laut sagen, aber in ihren Augen ist die höchstens gut zur Verpflegung von Lesekränzchen unter Freundinnen, wenn man sich selbst abgemeldet hat – zum Fussball-Gucken am Grill.

Ich bin ein Quiche-Esser. Und ich glaube, genau aus dem gleichen Grund, der für weit verbreitete Ignoranz meiner Geschlechtsgenossen verantwortlich ist. Denn die Quiche birgt Gefahr. Sie zählt zu den vegetarischen Speisen, über die man nur zu leicht seine Fleischlust vergessen kann. Sie ist herzhaft, sättigend und ich habe festgestellt, keine schlechte Grundlage, wenn man sich vorgenommen hat, einen Abend mit ein paar Gläsern Bier oder Wein zu verbringen.

Das liegt natürlich an der Füllung: Eier, Sahne und womöglich noch Käse sind an sich schon nahrhaft. Aber man kann noch einen draufsetzen, wenn man die Creme fraiche oder Creme double verwendet. Ist man in Frankreich eine Quiche solcher Machart als Vorspeise, und das ist mir schon einige Male passiert, und handelt es sich dazu noch um eine Quiche Lorraine, in die eine große Handvoll gebratener Speckwürfel versenkt wurde, dann fühlt sich das anschließende Entrecôte oder Boeuf bourguignon wie ein richtiges Leichtgewicht an. Da gilt eben analog: Quiche as Quiche can.

Ich mag es aber ehrlich gesagt lieber leichter. Es gibt unzählige Quiche-Rezepte und leider eine große Zahl, vor denen man auf der Hut sein sollte. Deswegen ein paar grundsätzliche Warnungen. Die erste zum Käse: Gruyère oder Appenzeller in der Füllung schmecken zwar wunderbar, wenn die Quiche heiß aus dem Ofen auf den Tisch kommt. Ist er aber ausgekühlt, wird der Kuchen zäh und fängt an, schwer im Magen zu liegen.

Zweitens scheint mir, wird bei der Quiche viel zu viel Aufhebens um den Teig gemacht, aber zu wenig Mühe um das Innenleben. Ich greife oft zu fertigem Blätterteig aus dem Kühlregal, wenn es abends Quiche geben soll, und nehme mir dafür viel Zeit für  die Füllung.

Drittens ist eine Quiche zwar eine hervorragende Möglichkeit, sich allerlei übrigen Gemüses zu entledigen. Aber man sollte das nicht gedankenlos und in rohem Zustand unter Sahne und Ei mischen, auch wenn das im Rezept steht. Es lohnt sich, Zutaten wie Paprika, Lauch oder Champignons vorher in einer Pfanne anzuschwitzen. Sie verlieren Wasser, das man in dem Kuchen ohnehin nicht brauchen kann und durch weitere Zugabe von Eiern binden müsste. Außerdem konzentriert das Anbraten den Geschmack. Ähnliches gilt übrigens auch für die Speckwürfel in der Quiche Lorraine. Ich brate sie immer an. Dann geben sie nicht so viel Geschmack ab und bleiben hübsche knusprige Überraschungen in dem Kuchen.

Ob die Quiche noch einmal einen Platz  finden wird im Chuck-Norris-Factbook, dem inoffiziellen Lexikon für echte Männer? Ich werde die Hoffnung nicht verlieren. Der Action-Darsteller selbst hat übrigens schon vor Jahren klargestellt, er esse das Gericht ganz gern.

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