Es braucht manchmal eines ausländischen, klingenden Begriffs, um ein Gericht von absoluter Simplizität zu etwas Raffiniertem zu machen. Schriebe ich hier von gestocktem Ei, die meisten Leser würden gleich weiterblättern (oder -klicken). Also schreibe ich lieber von Frittata. Hört sich besser an. Doch ich will ehrlich sein: Auch wenn sie diesen Text zu Ende lesen, wird er von nicht viel mehr gehandelt haben als – eben – gestocktem Ei. Doch auch das kann eine Delikatesse sein.

frittata
Wenden ist eine heikle Sache. Also kommt die Pfanne unter den Grill

Mit dem Frühling erwacht in mir wieder die Lust auf Ei, gern pochiert und also fast flüssig oder mit ein wenig Mehl und Milch zu hauchdünnen Crêpes ausgebacken. Eier sind die ideale Entsprechung zu all dem jungen Gemüse und den vielen zarten Kräutern, die in die Läden kommen, wenn die Natur wieder ergrünt. Egal ob Spargel, Brunnenkresse, Frühkartoffeln oder junger Spinat: Soll, was da gerade wuchert, schon gleich wieder eine Nebenrolle auf dem Teller spielen, neben Schnitzel oder Fisch? Ganz genau nicht. Aber ein oder zwei Eier, die gehen immer.

Die Frittata ist die italienische Entsprechung des Omelettes, mit einigen Unterschieden: In Frankreich wird ein Schuss Sahne oder Milch mit den Eiern verquirlt, um das Endprodukt cremiger zu machen. Ein Omelette wird flach ausgebacken und in der Pfanne nicht gewendet. Das cremige Eigelb soll wie eine Sauce Gemüse oder Pilze umhüllen, wenn am Ende der Eierkuchen um die Füllung geklappt wird.

Eine Frittata kommt weit puristischer daher. Keine Sahne, einfach verquirltes Ei wird zu dem Gemüse oder dem, was man sich sonst noch als Zutat ausgesucht hat, in die Pfanne gegossen. Alles soll stocken, wird dann gewendet und darf eine braune Kruste annehmen. Ja, ganz genau so wie die spanische Tortilla, die wahrscheinlich rustikalste und nahrhafteste Variante aus dieser Familie der Eierspeisen mit ihrer Füllung aus frittierten Kartoffeln. Dass Omelette und Tortilla viel bekannter sind als die Frittata, liegt wahrscheinlich daran, dass sie irgendwo „in between“ zwischen diesen französischen und spanischen Verwandten steckt. Ungefähr so wie ein Sandwichkind, das nie genug Aufmerksamkeit erfährt.

Aber das wäre schade. Denn nur zu leicht könnte man dabei übersehen, wie viele Frittata-Rezepte Käse enthalten. Und der ist der eigentliche Grund, warum dieser Text doch von etwas mehr handelt als nur gestocktem Ei. Käse macht die Frittata zu einem besonderen und variantenreichen Gericht.

Der würziger Parmesan, rauchiger Scarmorza oder zarter Mozzarella, sie passen alle. Sogar blauschimmeliger Gorgonzola, der aber lieber im Herbst. Zur Zeit verwende ich am liebsten cremigen Ziegenfrischkäse oder salzigen Feta aus Schafsmilch. Am besten gleich beide. Feta schmilzt kaum, und die Krümel, in den ich Block zerbrochen habe, bleiben in der Eiermasse erkennbar. Durch den Frischkäse bleibt die Frittata saftig, auch noch, wenn sie Stunden später kalt geworden ist – und ich sie bei einem Frühlingspicknick auspacke. Die herbe Salzigkeit dieser Käse ist genau das richtige, wenn die Eier viele Frühlingskräuter, Zucchini oder grünen Spargel umschließen sollen.

Inzwischen verzichte ich darauf, die Frittata zu wenden. Man kann sein blaues Wunder erleben, wenn man versucht, die halb gestockte Masse aus fast ein Dutzend Eier auf die andere Seite zu drehen. Ich stelle die Pfanne einfach unter den Grill und warte nur so lange, bis die Eiermasse den Glanz an der Oberfläche verloren hat. Wenn ich Glück habe, erinnert die Frittata, wenn ich sie dann aufschneide, ein wenig an Crème brûlée. Das ist doch ziemlich raffiniert, finden Sie nicht?

Foto: Dave77459 | CC

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