hummusSchon seit Langem frage ich mich: Gibt es da irgendeinen Zusammenhang zwischen Humus und Hummus? Humus, das ist das, was viele Gärtner jetzt im Frühjahr auf ihren Beeten ausbringen: nährstoffreicher Mutterboden. Hummus dagegen ist das, was in der arabischen Küche beinah täglich auf den Tisch gestellt wird: ein nahrhafter Brei, der nicht viel anders aussieht, als hätte man märkischen Sand mit Wasser zu einer Paste verrührt.

Doch trotz dieses waghalsigen Bildes: Humus und Hummus haben offenbar nichts gemein. Der eine Begriff hat lateinische Wurzeln und meint „Erdboden“, der andere kommt aus dem Arabischen und bedeutet „Kichererbse“. Es ist hier wie so oft wohl nur Zufall, dass die Wörter gleich klingen, aber nichts miteinander zu tun haben.

Um einen kulinarischen Vergleich zu benutzen: Hummus ist die Mayonnaise der Levante. Eine hellgelbe Creme, die eigentlich zu allem passt. Auf dem Hummus-Teller, den man in arabischen oder libanesischen Imbissen bekommt, sitzt meist ein großer Klecks davon in der Mitte. Mit dem Löffel hat der Koch eine Kuhle hineingedrückt, in der eine kleine Lache goldgelben Olivenöls schwimmt. Drumherum liegen eingelegtes Gemüse, Rettich, Auberginen, Gurken und Tomatenhälften, vielleicht ein paar frittierte Falafelbällchen. All das dient nur dazu, bestrichen zu werden, um den köstlichen Dip in den Mund zu befördern. Und wenn das Gemüse nicht reicht, steht sicher noch ein Korb mit Fladenbrot bereit, um auch noch die letzte Schliere vom Teller zu wischen.

Hummus wird von Beirut bis Marrakesch gegessen. Und noch weit darüber hinaus. Seit ein paar Jahren gibt es eine Auseinandersetzung zwischen dem Libanon und Israel, die zu den friedlicheren Konflikten im Nahen Osten zählt, der sogenannte Hummus-Krieg. Beide Län­der sehen die Kicher­erb­sen­paste als ihr Natio­nal­ge­richt an und übertrumpfen sich mit Rekordversuchen. Es begann mit einer Tonne Hummus, die die Israelis 2008 zur 60-Jahr-Feier ihre Staatsgründung anrichteten. Nur zwei Jahre später pürierte ein libanesisches Köcheteam zehn Tonnen Kicherbsen. Die Menschen in der ganzen Region verfolgen den Wettstreit schmunzelnd. Sie wissen, die Urheberschaft für ein Gericht zu klären, das über 6.000 Jahre alt ist, das ist noch fruchtloser als die Frage, wem Jerusalem zusteht. Außerdem hat der Streit eher Marketinggründe. Der Export des Kichererbsenpürees steigt.

Da mache ich Hummus lieber selbst. Eine Dose gekochte Kichererbsen (bitte abgiesen), eine geschälte Knoblauchzehe, zwei Teelöffel Zitronensaft, etwas Salz, zwei Esslöffel Sesampaste und etwa die gleiche Menge Olivenöl verwandeln sich unter dem Passierstab zu einem sämigen dickflüssigen Brei, fast wie heller Senf. Kichererbsen gibt es heute fast in jedem Supermarkt, im Exotenregal, gleich bei der Austernsauce, den vorgefertigten Tacos und den Lychees in Dosen. Sesampaste findet sich in jedem Bioladen, bei den Brotaufstrichen. Wenn Sie einen türkischen Laden um die Ecke haben, umso besser: Fragen Sie nach Tahin.

Auch wenn es wahrscheinlich nicht ganz so wird wie bei einer libanesischen Mama oder in einem der Imbisse in Jerusalem, wo ich Hummus vor Jahren kennengelernt habe: Es ist frisch, und frisch schmeckt es am besten. Denn der rohe Knoblauch kann die Paste, je länger sie aufgehoben wird, ziemlich dominieren. Also mache ich immer so viel, wie ich glaube zu brauchen. Es ist meist zu wenig. Ich kenne niemanden, der bei Hummus nicht richtig zulangt, außer Menschen mit Knoblauch-Phobie natürlich. Dieser Brei macht glücklich, wärmt den Magen und gibt einem trotzdem nicht das Gefühl, schweres, fettiges Zeug in sich hineingestopft zu haben. Bleibt ausnahmsweise mal was übrig, benutze ich es tatsächlich wie Mayonnaise und streiche Hummus auf ein Schinken-Sandwich oder rühre es in einen Kartoffelsalat.

Aber es geht mir nicht aus dem Kopf. Hummus und Humus – dass es da keine Verbindung geben soll, finde ich unbefriedigend. Und gegen die Intuition. Da lese ich ständig, wie Gourmetköche essbare Erden herstellen und dafür Gerstenmalz, Zichorie, Nüsse, Brot und allerhand andere Zutaten durch die Getreidemühlen jagen und anschließend rösten. Gut, diese essbare Erde mag tatsächlich aussehen wie saftiger, dunkelbrauner Ackerboden, und ihrem Erfinder, René Redzepi, dem gefeierten Koch des Noma-Restaurants in Kopenhagen, gebührt dafür alle Ehre. Aber hat der schon mal versucht, Hummus zu trocknen und zu mahlen. Ich stelle es mir vor wie Sand, der auf der Zunge schmilzt. Ich probiere das jetzt einfach aus.

Foto: Marju Randmer | CC

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