Neulich war ich mal wieder im Supermarkt und stand staunend vor einem Regal mit Mayonnaisen ohne Ei. Was für ein Sortiment: Mayo aromatisiert mit Senf, mit Basilikum, mit Petersilie, mit Balsamico. Mit Zitrone und Dill. Ich war kurz versucht, gleich zwei Gläser in den Einkaufswagen zu packen. Im nicht eifreien Regal dagegen gab es nur mehr Markennamen, aber keine größere Vielfalt, sondern einfach Mayonnaise, die sich nur im Fettgehalt unterschied.

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Auch dieser Text ist ausnahmsweise mal ganz „free from“

Ich hätte den Einkaufswagen auch mit anderen spannenden Dingen vollladen können: mit glutenfreier Pfannkuchenmischung mit Tapioka, mit Stevia gesüßten Marmeladen, laktosefreier Nusscreme und getrockneten Kombu-Algen, die wegen ihres hohen B12-Anteils für Veganer empfohlen werden.

Ich stand fasziniert vor den Regalen und erinnerte mich, wie hier bis vor kurzem noch die ganze Welt zu Gast war. Jüngst waren es noch die unterschiedlichsten japanischen Nudeln: Ramen, die asiatischen Suppen-Spaghetti, Soba aus Buchweizen und dicke Udon-Schlangen. Dazu Miso, also fermentierte Sojapaste, von hellgelb bis schwarzbraun. Davor standen amerikanische BBQ-Saucen in einer Auswahl, die einen schwindelig machen konnte.

Der Kosmopolitismus ist jetzt also erst einmal passé. Stattdessen überall Produkte aus der Free-from-Welt. Ich finde es äußerst vielsagend, dass Waren, die auf die um sich greifenden Lebensmittelunverträglichkeiten eingehen, nun in der Exoten-Ecke Platz bekommen. Auch das Bio-Segment ist einst aus einem Gefühl entstanden, das man als Unverträglichkeit beschreiben könnte. Der Umgang mit der Natur und den Arbeitern in der Produktion stieß immer mehr Kunden sauer auf. Die ersten Bio-Produkte nahmen im konventionellen Supermarkt ebenfalls auf den Sonderverkaufsflächen Raum. „Mal sehen, wie lange der Trend anhält“, denkt sich wohl jede Supermarktkette. Mal sehen, wann der Konsument seinen Spleen wieder vergisst.

Inzwischen habe ich einen sehr eigenen Spleen entwickelt: Ich beschränke meine Supermarktbesuche auf die Besorgung des Notwendigsten. Es ist nur mein professionelles Interesse als schreibender Koch, das mich alle paar Monate mal durch die Gänge führt. Um den Kontakt zur bunten Warenwelt zu halten und mein Bild dessen, was ich den breiten Geschmack nenne, zu aktualisieren. Es kann in die Hose gehen, wenn man den nicht mehr kennt, vor allem, wenn man für Kinder kocht.

Ansonsten könnte man mich als super-free-from beschreiben. Ich beschränke mich beim Einkauf auf Grundprodukte. Ich mache meine Mayonnaise selbst, für Ketchup und Chutneys oder Marmeladen stelle ich mich an den Herd. Pommes schneide ich selbst, für Pizza rühre ich einen schnellen Hefeteig an. Seit kurzem lege ich Gemüse ein. Die einzigen Fertigprodukte in meinem Haushalt sind Brot, Nudeln und Käse, manchmal Wurst.

So kann ich jederzeit von einem Free-from-Konzept zum nächsten wechseln. Ohne Fleisch, ohne Zucker, ohne Nüsse, ohne Gluten, ohne Laktose oder Fruktose. Ich lasse den Bauch entscheiden, das empfinde ich als einen Akt der Emanzipation. Was auch dazu führt, dass ich einem Gast, der kein Ei verträgt, keine Mayonnaise vorsetzen muss und dem Vegetarier kein Ersatzschnitzel. Ich weiß nicht, ob aus Super-free-from ein Trend werden könnte. Ich hätte nichts dagegen. Nur, was stünde dann auf den Sonderregalen in den Supermärkten? Sie wären wahrscheinlich leer.

Ein Gedanke zu “Aber bitte mit ohne alles

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