Knisternd trocken

Man muss manchmal weit in die Welt hinaus, um zu entdecken, was einem vor der Nase liegt: Das Bier aus der Privatbrauerei Zehendner ist eine lokale Berühmtheit in Oberfranken, hat aber inzwischen auch unter Kennern viele Freunde in Schweden, Dänemark, Italien und den USA. Nicht wenige halten das, was in dem kleinen Ort Mönchsambach südwestlich von Bamberg abgefüllt wird, für mit das beste Bier aus Deutschland.

moenchsambacherDabei hat die Brauerei nur einen Ausstoß von 6.000 Hektolitern im Jahr, verschwindend wenig. Und die Nachfrage ist so groß, dass sich Inhaber Stefan Zehendner den Vertrieb spart. Wer seine Biere kaufen will, muss nach Mönchsambach fahren und Kästen oder Fässer selbst abholen. Selbst die Wirtshäuser in der Umgebung, die sein Bier ausschenken wollen, schaut sich der Braumeister genau an. Er setzt auf Tradition. Das sieht man auch in der Braugaststätte nebenan, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint und nicht selten noch Karten geklopft werden.

Das Lagerbier, ein ungespundetes, leicht trübes Bier, ist ein für den Alkoholgehalt von 5,5 % außergewöhnliches Geschmackserlebnis. Knisternd trocken, wie man es auch von den fränkischen Weißweinen kennt, und sogar mit einem leicht mineralischen Akzent. Der Schaum zerfällt langsam und leicht wolkig, dabei entwickelt das Bier einen Duft nach frischem Brot. Der Antrunk ist recht frisch, weil grobperlig.

Die süßen Malznoten und Bitteraromen sind sehr ausbalanciert, was zu einem ausgesprochen vollmundigen Eindruck führt, ohne dass einzelne Nuancen von Zitrus, Gras oder Honig besonders hervorstechen. Man kann dieses Bier einfach nur als eine runde Sache bezeichnen, kaum vergleichbar mit anderen Vertretern der Kategorie Pils oder Bayrisch Hell: Mönchsambacher schmeckt einfach unverwechselbar nach Mönchsambacher.

Mönchsambacher, ungespundetes Lagerbier, Privatbrauerei Zehendner, Alkohol 5,5 % Vol.

Wie Kölnisch Wasser

Schon wegen des Etiketts sollte man einen halben Liter dieses Biers kaufen. Denn die Flasche hat Ausstellungswert, auf dem Sims von Omas Küchenbüfett genauso wie auf einem Sideboard der 50er Jahre. Das dezente Schwarz-Weiß des Etiketts erinnert an alte Medizinflaschen, an Klsterfrau Melissengeist etwa oder an Kölnisch Wasser.

hausbrauerbierDas ist ziemlich auffällig in dem kunterbunten Etiketten-Allerlei. Bier verbirgt sich heutzutage hinter Softdrink-Fassaden genauso wie in noblen Flaschen, die bisher Whiskey oder Champagner vorbehalten waren. Diese Vielfalt ist auch Beweis für den Umbruch, in dem die Branche steckt. Bier hat Absatzschwierigkeiten, der Durchschnittskonsum sinkt hierzulande seit einigen Jahren. Während die Großen deswegen im Wesentlichen nach neuen Marketing-Ideen fahnden, setzen Kleine – darunter auch die Rittmayer-Brauerei in Hallerndorf, immer mehr auf Klasse. Für den Afficionado, der das Bier nicht nur billig im Supermarkt kaufen will, zahlt sich das aus.

Der Name „Hausbrauerbier“ auf dem Etikett erinnert an das bis heute bestehende Jedermanns-Recht, für den Hausgebrauch Bier zu brauen. In dieser Tradition wurde Bräu nie lange gelagert, es war dazu da, schnell getrunken zu werden. Ganz wie es sich gehört, fließt aus der Flasche ein junges, unfiltriertes Bier mit feiner Kohlensäure, das typische untergärige fränkische Landbier.

Die Apothekerflasche vor Augen ist man versucht, angenehme Hustensaftigkeit zu schmecken. Nach dem leichten Antrunk entwickelt sich eine ausgewogene, süßliche Bitterkeit, versetzt mit würzigen Röst- und Holzaromen, etwas an Echinacea erinnernd. In der Blindverkostung dagegen sind die medizinalen Eigenschaften weit weniger ausgeprägt, die Hefe tritt stärker hervor, vor allem vom Geruch her kommt das Bier an ein dunkles Weizen heran. Besonders hervorstechend ist die Cremigkeit im Mund. Bleibt nur ein Fazit: Wenn sich so eine Flasche gut im Regal machen soll, dann nur ausgetrunken.

Hallerndorfer Hausbrauerbier
Brauerei Rittmayer
Alkohol 5 Vol.-%, Stammwürze 12,5 %

Foto: JK / CC