Pfeffrig und knisternd

Es ist eigentlich nur eine Zapfstelle. Eine Theke, an die kaum ein Dutzend Menschen passen und drei Bierhähne. Im Ausschank von Johannes Heidenpeter in der Kreuzberger Markthalle neun stecken Fülle, Farbe und Kreativität alleine in dem, was im Keller darunter gebraut wird und was dann oben ins Glas fließt.

thirstyladyRegelmäßig sind das Novitäten, denn Heidenpeter, der sein Dasein als freier Künstler an den Nagel gehängt hat, experimentiert nicht nur mit vielen Bierstilen, er wirft dann und wann auch Orangenschalen, Koriandersamen oder Sternanis mit in den Sud. Als ob er täglich beweisen wollte, zu welcher tristen Eintönigkeit das Reinheitsgebot führt. Es gilt nur ein Gesetz: Hier wird obergärig gebraut – also wie beim Kölsch, bei Zimmertemperatur.

Von Bier ist daher auch auf dem Etikett keine Rede. „Alkoholischer Malztrunk“, heißt es dort. Die „Thirsty Lady“ ist bereits ein Klassiker im sonst fast unübersichtlichen Sortiment und seit wenigen Monaten nicht nur am Hahn, sondern auch in der Halbliterflasche erhältlich. Es aber wegen seines Namens für ein Damenbier zu halten, wäre falsch.

Man könnte es als helles Pale Ale beschreiben oder als dunkles Kölsch; es ist naturtrüb und bernsteinfarben. Im Geruch taucht ein Hauch von Grapefruit auf, es dominieren aber Noten von Lorbeer, Rosmarin und Zeder. Beim ersten Schluck knistert das Bier auf der Zunge, es wirkt noch würziger, die Kohlensäure ist angenehm temperamentvoll, zurück bleibt ein aromatischer, pfeffriger Nachklang. Das hat Klasse, bei aller Schlankheit, mit der das Bier daherkommt. Tatsächlich: eine Lady.

Thirsty Lady, Heidenpeters, Stammwürze 11,8 Prozent, Alkohol 4,9 % Vol.

Da ist Musik drin

Bier wird seit einiger Zeit zu einem Getränk, das in der Achtung aufholt. Und für das sich immer mehr Menschen mit feinem Gaumen interessieren. Neben den großen Marken wie Becks & Co existiert inzwischen eine lebendige Szene von Biermachern, die von kleinen Privatbrauereien mit langer Tradition bis jungen Nerds reicht, die in städtischen Hinterhöfen Craftbeer herstellen. Die taz hat mich gebeten, in der neuen Wochenend-Ausgabe einige Produkte vorzustellen. Hier der erste Teil der Serie, mit großem Dank an Andreas Bogk von der Bogk-Brauerei und Hopfen und Malz in Berlin, die mich bei meinen ersten Erkundungen begleitet haben.

cambafireWas haben Iron Maiden und Miles Davies gemeinsam? Sie machen sich gut auf Kapselflaschen. Bier und Musik, das ist eine klassische Paarung: je härter die Beats, desto größer der Durst. Immer wieder legen Brauereien deshalb Spezialbiere auf. 2010 erschien zum 40. Jahrestag von Miles Davies Album „Bitches Brew“, der ersten erfolgreichen Jazzrock-Platte der Musikgeschichte, ein gleichnamiges Jubiläumsbier. Auch für die neue Tournee von Iron Maiden wird Bier gebraut, ein Pale Ale namens „Trooper“. Es kommt aus der englischen Robinson-Brauerei.

In Deutschland sind die Namen noch nicht so klingend, die Produkte aber umso bemerkenswerter. Wie das „Fire Beer“ von Camba Bavaria. Die Brauerei im bayerischen Truchtlaching arbeitet dafür mit Stefan Dettl, dem Frontmann von LaBrassBanda, zusammen. Der Grund ist recht einfach: Er wohnt praktisch gegenüber.

So unkonventionell wie der Bayerische Gypsy Brass, wie Dettl die eigene Musik nennt, kommt auch das Fire Beer daher. Es ist ein süffiges obergäriges Starkbier, wobei man ihm den Alkoholgehalt von 8 Prozent kaum anmerkt, dafür aber die Herkunft aus einer ambitionierten Bierwerkstatt mit Experimentierfreude. Camba Bavaria wurde erst Mitte 2008 gegründet und gehört damit zu den jüngsten Brauereien Bayerns. Hier wird nicht so sehr auf das typische „Helle“ Wert gelegt, Braumeister Markus Lohner versucht sich an Variationen aus aller Welt. Was sich in einer überraschend großen Produktpalette äußert und Camba schon einige Medaillen eingebracht hat, etwa für den Doppelbock und das Export.

Haselnussfarben und nur mäßig schäumend entwickelt das Fire Beer zu Beginn starke, etwas säuerliche Fruchtnoten, die an Maracuja und Grapefruit erinnern, dann kommen leichte Raucharomen ins Spiel, der Abgang ist leicht und süß, ein Aftertaste aber kaum festzustellen. Wird das Fire Beer zum Essen getrunken, im Testfall waren das Merguez, pikante französische Lammbratwürste, entwickelt das Starkbier etwas mehr Körper und Lakritznoten, aber auch hier ist das Feuer nur von kurzer Dauer. Das muss nicht schlecht sein: Für den niederprozentigen Pilstrinker ist das Fire Beer als Einstieg in die große Bierwelt bestens geeignet.

Camba Dettl Fire Beer
Unfiltriertes, obergäriges Starkbier
8,0 % vol. alc., Stammwürze 17,5 %
Camba Bavaria

Foto: S. Diddy | CC