Nichts geht über echte Berliner San-Marzano-Tomaten

Regionaler geht es doch kaum. Auf dem Balkon haben sich die ersten zwei Tomaten in ein sattes Rot gefärbt. Die eine davon habe ich gleich vom Strauch gegessen, die andere als Belag auf einer Scheibe geröstetem Weißbrot serviert: grob gewürfelt, mit Basilikum, etwas geriebenem Knoblauch und Olivenöl vermischt, die klassische Bruschetta. Wenn Sie mich fragen: Es geht nichts über echte Berliner San-Marzano-Tomaten, die in Sichtweite des Fernsehturms gewachsen sind. Aber halt. San Marzano, diese typischen italienischen Flaschentomaten, sind doch in Süditalien heimisch. Und die Samen kommen von einem Online-Versand in Baden-Württemberg. Ich frage mich: Ist das tatsächlich so regional? Die Stiftung Warentest hat sich die Mühe gemacht, Menschen zu befragen, was sie unter „regional“ verstehen. Die Ergebnisse sind interessant. Denn die Vorstellungen sind unterschiedlich.

stadttomate
Urbane Nachtschattengewächse

Einige begreifen Region als einen begrenzten Naturraum wie das Allgäu, die Rhön oder den Spreewald, andere meinen den eigenen Landkreis oder das Bundesland, in dem sie leben. Einig sind sich die Befragten nur, dass Region irgendwie doch kleiner sein muss als Deutschland. Seltsamerweise aber vermuten die meisten hinter Bezeichnungen wie „Äpfel aus Deutschland“ eher regionale Produkte als etwa bei Allgäuer Emmentaler oder Spreewälder Gurken, obwohl das sogenannte geschützte Ursprungsbezeichnungen sind.

Man kommt zu dem Schluss: Regional kann alles sein oder nichts. Jedenfalls ist es ein absoluter Ernährungstrend. Inzwischen beugt sich dem sogar schon McDonald’s. Dabei ist es noch nicht so lange her, dass der Fastfood-Riese damit warb, seine Burger schmeckten überall gleich, egal ob in Sydney, Peking, Berlin oder New York. In Deutschland hat McDonald’s es nun mit Currywurst im Sortiment ausprobiert, in Italien mit Nudelsalat, in Hongkong gibt es Shogun-Burger mit Kraut und Teriyaki-Sauce. Ich hatte unter „Global denken, lokal handeln“ mal was anderes verstanden. Oder ging der Spruch andersherum?

Es gab in der Bundespolitik mal Überlegungen, zu regulieren, wann der Begriff „regional“ auf einem Produkt stehen darf. Denn die Bezeichnung liest man inzwischen viel zu oft. Aber gerade das Beispiel McDonald’s zeigt, der Zug ist abgefahren. Denn man müsste regulieren, welches Lebensmittel wo als regional gelten darf. Die Spreewälder Gurke etwa ist in München gar nicht mehr regional. Aber jede Wette: Die meisten Menschen dort würden „Sale marino di Sicilia“, also Meersalz aus Sizilien, regionaler einstufen als das „Markensalz“ aus dem nahen Bad Reichenhall. Auf der Verpackung sagt der Begriff ungefähr genau so viel wie die Bezeichnung „ohne Geschmacksverstärker“, obwohl das Produkt trotzdem voll mit Hefeextrakt steckt.

Aber es gibt eben kaum ein besseres Verkaufsargument als Unverfälschtheit und Authentizität. Wir wollen essen wie bei Muttern oder von Fall zu Fall auch bei der italienischen Mama. „Regional“ weckt wie „pur“, „aus dem Landgarten“ oder „nach Hausmacherrezept“ die gleichen nostalgischen, matriarchalen Hungergefühle. Man könnte deshalb die Faustregel aufstellen: Je mehr Geschmacksverstärker auf der Packung, umso mehr finden sich auch darin. Aber zurück zum Gemüse von meinem Balkon.

Ich habe Tomaten aus einem Garten in der Uckermark mitgebracht bekommen, saftige Ochsenherzen und schon echte Mecklenburg-Vorpommerinnen. Ob sie noch regional sind, darüber kann man streiten. Aber sie schmecken noch vorzüglicher als meine. Und ich glaube, die Luft, in der sie reifen, ist auch besser.

Foto: ramson | CC

Gibt es flüssigen Salat?

Es gibt Tage, da muss der Herd einfach kalt bleiben. Ich liebe zwar die Hitze über einem dampfenden Kochtopf, die Strahlung, die mein Backofen abgibt, und ich schätze es auch, Butter aus dem Kühlschrank zu nehmen, wenn die ganze Küche auf Betriebstemperatur ist. Sie ist dann in Sekunden streichfähig. Diese Hitze mag ich.
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